Voluntourismus: Wie du unseriöse Anbieter erkennen kannst

Camilla war in Indonesien gefrustet. Josuha fühlte sich von seiner Organisation in Botswana im Stich gelassen. Wer im Ausland einen Freiwilligendienst machen will, sollte sich im Vorfeld ganz genau informieren. Denn es gibt auch unseriöse Anbieter. Aber wie erkennt man die? Und was zeichnet eine gute Entsendeorganisation aus? Tipps, wie dir negative Erfahrungen erspart bleiben.

"Ich dachte, ich komme an und kann gleich helfen." Mit großen Erwartungen fuhr Camilla Kussl nach Indonesien: Für Weltwärts, den Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), wollte die Abiturientin für ein halbes Jahr bei einer lokalen Gesundheitsorganisation in der zentraljavanischen Stadt Yogyakarta mitarbeiten.

Doch der Alltag sah anders aus: Zuschauen statt Zupacken. Das Zuhören gestaltete sich schwierig, weil weder ihre Indonesisch- noch ihre Javanisch-Kenntnisse ausreichten, um sich ausreichend zu verständigen. Da sie auch keinerlei Erfahrungen aus dem Gesundheits- oder Entwicklungsbereich mitbrachte, schlug ihre anfängliche Begeisterung bald in Frust um. "Anfangs dachte ich, es geht noch nicht richtig los. Aber als ich nach zwei Monaten immer noch nicht mithelfen konnte, habe ich angefangen, an mir und dem Praktikum zu zweifeln", erzählt die Abiturientin.

Feste Ansprechpartner für Freiwillige sind vor Ort wichtig

Erfahrungen wie Camilla Kussl machen auch andere Freiwillige: Mit großen Erwartungen angereist, folgt bald die Ernüchterung. Denn nicht alle Organisationen halten das, was sie versprechen. Doch wie erkenne ich, ob ein Angebot seriös ist? Worauf muss ich bei der Auswahl besonders achten? "Am besten studiert man ausführlich die Websites, liest sich die Informationen zum Freiwilligenjahr durch oder schaut auch mal bei Facebook", empfiehlt Claire Keruzec. Als Referentin für Freiwilligenarbeit bei der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste kennt sie die Fragen und Nöte der Jugendlichen.

Im Vorfeld müsse klar sein, was im Laufe der Bewerbung wann passiert. Wer kümmert sich um das Visum und die Ausreise? Muss ich mich vorher in Deutschland um einen Sprachkurs kümmern oder bietet die Organisation einen Sprachkurs im Land an? Wichtig sei es, vor und während des Auslandsaufenthaltes einen festen Ansprechpartner zu haben, der sich um alle organisatorischen Fragen kümmert. Die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste etwa hat in jedem Land einen Ansprechpartner, der hauptamtlich für die Freiwilligenarbeit zuständig ist. Er oder sie leitet auch die Seminare und kümmert sich auch um die persönlichen Probleme der Teilnehmer.

Botschaft wies deutsche Freiwillige auf Gefahr hin

Einen solchen Ansprechpartner hätte Joshua Mario Seger (19) in Botswana gut brauchen können. Nach dem Abitur entschloss er sich, ein Freiwilliges Soziales Jahr im Ausland zu machen. In einem Flüchtlingslager in Botswana wollte er arbeiten und etwas fürs Leben lernen. Doch es wurde keine schöne Lektion. Seger und ein anderer Freiwilliger durften das Flüchtlingslager bei ihrer Ankunft zunächst nicht betreten. Es fehlte die Zutrittserlaubnis. Vier Wochen lang waren die beiden jungen Leute untätig.

Und es kam noch schlimmer: Von Vertretern der deutschen Botschaft erfuhren die deutschen Freiwilligen, dass sie in Gefahr seien: Sie würden illegal arbeiten, weil sie nur mit einem Touristenvisum eingereist seien und ihnen keine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis besorgt worden sei. Es folgten Behördengänge und Schriftwechsel mit der heimischen Organisation Volunta.

Überfallen und ausgeraubt

Schließlich bekamen Seger und sein Freund  zwei Papiere ausgestellt, die ihnen den Weg in das Flüchtlingslager ebneten. Aber nicht für das gesamte Jahr der Tätigkeit. Im Lager folgte die nächste Enttäuschung. Die beiden Deutschen hatten kaum etwas zu tun. "Wir hockten meistens nur rum", blickt Seger zurück.

Später berichteten drei Mädchen aus dem Lager, sie seien in ihrer Unterkunft überfallen, ausgeraubt  und beinahe vergewaltigt worden. Auch in die Wohnung von Seger wurde eingebrochen. Aus Angst zog er in ein Hotel. Wegen all dieser Vorfälle brachen die Freiwilligen ihren Aufenthalt vorzeitig ab - und sind um rund 2500 Euro ärmer. Um das Geld zurückzubekommen haben sie Anwälte eingeschaltet.

Woran man eine seriöse Entsendeorganisation erkennen kann

Soweit darf es eigentlich nicht kommen, betont ASF-Expertin Keruzec. Eine entscheidende Rolle spielen das Auswahlseminar und die Vorbereitungsseminare der Organisationen. Werden dabei auch Probleme angesprochen? Ist die Organisation auf Krisensituationen im Ausland vorbereitet? Spielt sie Gefahren herunter? Wie realistisch ist das Bild, das von den Projekten gezeichnet wird? Keruzec empfiehlt vorab zu erfragen, wie lange die Organisation mit den Partnern vor Ort zusammenarbeitet. "Wenn jemand vor Ort ist, wird schneller gesehen, wo eine Stelle nicht mehr für Freiwillige geeignet ist und eine Alternative gefunden", sagt Keruzec. Hilfreich seien auch Empfehlungen von Ehemaligen oder aus dem  Bekanntenkreis. Die meisten ehemaligen Freiwilligen seien offen für Gespräche und nutzen diese gern, um von ihren eigenen Erfahrungen zu erzählen und in Erinnerungen zu schwelgen.

 

Mehr zum Thema:

  • Die Entsendeorganisationen der Ev. Trägergruppe führen ihre Programme nach gemeinsamen Qualitätsstandards durch. Die verlässliche Begleitung und Unterstützung der Freiwilligen steht dabei im Mittelpunkt. Freie Stellen, Infos und Ansprechpartner findest du auf der Webseite der Evangelischen Freiwilligendienste: www.ev-freiwilligendienste.de
  • Das Qualitätssiegel von Quifid - Agentur für Qualität in Freiwilligendiensten" gibt Hinweise auf die Qualität der Entsendeorganisationen: www.quifd.de/326_Qualitaetsgrundsaetze.htm
  • Mehr über die Angebote der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste findest du unter www.asf-ev.de

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